Sonntag, der 09.11.2014: Längste Etappe!?
Der Wecker ist zur Sicherheit gestellt, doch meine innere Uhr kommt ihm zu vor.
Da ich früh los möchte sehe ich erst mal zu Ordnung zu schaffen und alles weg zu räumen, was ich nicht mehr benötige. Anschließend geht es unter die Dusche, dass genieße ich sehr, es wird die letzte für mehrere Tage sein!

Anschließend geht es zum reichhaltigen Frühstücksbuffet. Wie immer habe ich so früh noch keinen Hunger, aber der Tag wird nicht ohne, also wird was gegessen! Zwischen 9 und 10 Uhr wollte ich los kommen, geschafft! Um 9.45 Uhr kontrolliere ich noch mal alle Befestigungen und Zurrgurte und es geht los. Das Wetter ist ein Traum, mit 14°C ist es sogar angenehm warm. Da seht ihr mal, was man unter warm verstehen kann. Die Landschaft scheint endlos und es geht auf und ab, vor allem aber viel gerade aus (fast schon langweilig).
Ich fahre die gut ausgebaute Landstraße, was anderes ist aber auch nicht möglich. Zwischenzeitlich erreiche ich mit ca. 1950 Höhenmetern eine Region, in der die Temperatur wieder auf 7°C abstürzt. Das Gebirge um mich herum ist Schnee bedeckt, aber erst ab geschätzten 2300 Höhenmetern. Gut das ich jetzt noch hier durch komme denke ich mir, denn an den Seiten stehen zig Schilder wegen dem Schnee und die Hohen Leitpfosten, wie der ein oder andere sie vielleicht aus Österreich von den Bergpässen kennt. Wie es hier schon in Kürze aussehen wird, oh man, bei dem Gedanken schüttelt es mich mal wieder!

Dann ist es bald wieder mal so weit. Da ich doch nicht mehr tanken war vorm Start, ist die Restreichweite wieder auf null gesprungen, die nächste Tankstelle soll aber in 30 km kommen, so wird das Umfüllen des Kraftstoffes aus einem der Reservekanister in den Tank vermutlich nicht notwendig werden. Und es klappt, die nächste Tankstelle akzeptiert sogar wieder Kartenzahlung! 1,5 Liter waren noch im Tank, der Tankwart ist nicht der Erste der mich ungläubig anschaut, wie viel er in meinen Tank füllen kann!

Der Tankstopp wird auch kurz für ein zwei Kniebeugen und austreten genutzt.
Nach 10 Minuten bin ich dann wieder auf der Straße.
So wie es scheint bin ich an einer „Krankheit“ erkrankt, die wohl viele Alleinreisende trifft. „Der Weg ist das Ziel!“ Denn nach 350km schon zu stoppen obwohl es noch zwei Stunden Hell ist kommt für mich nicht in Frage! Also geht es weiter….
Doch irgendwann muss ich dann doch mal anfangen, nach einem geeigneten Platz Ausschau zu halten.
Dann fahre ich einfach direkt von der Hauptstraße ab und versuche einem Landwirt zu erklären, dass ich gerne mein Zelt für eine Nacht aufstellen würde.
Er signalisierte, dass hier gleich keiner mehr sei, zu gefährlich!
Also hat er mich 500 Meter bis zur nächsten Tankstelle gebracht und dort konnte ich mein Zelt dann auf einer schönen Rasenfläche aufstellen.
Aus Höflichkeit bin ich dann zum Tee trinken und eine Kleinigkeit Essen in das Restaurant der Tankstelle gegangen! Lecker, nicht zu vergleichen mit dem Schrott den man an deutschen Raststätten vorgesetzt bekommt! Es ist ein Geben und Nehmen…
Montag, der 10.11.2014: Van Gölü (Vansee)
Früh am Morgen werde ich mal wieder durch das sich aufhellende Innenzelt geweckt.
Da auch Heute wieder mächtig Strecke auf dem Plan steht packe ich relativ zügig meine Sachen zusammen und drehe um 7.30 Uhr schon wieder am Gashahn.
Die Strecke variiert zwischen platter Landschaft und später immer mehr Bergen.
Es geht auf und ab, sehr oft aber ist die Straße frisch geteert und so mit gut fahrbar.
Also kann ich richtig gut Km reißen. Was mir zunehmend auffällt ist das ganze Militär was hier unterwegs ist. Desto weiter ich in den Osten komme, desto mehr Spähpanzer sind unterwegs. Auch die Militäranlagen fallen mir zunehmend auf und zwar ob wohl schon weiter im Westen so einige vorhanden waren! Irgendwie bin ich mir immer nicht so sicher, ob das nun ein gutes oder schlechtes Zeichen ist…
Egal, denn bald ist auch schon Van ausgeschildert, dass heißt der angepeilte Vansee nicht mehr sooo weit entfernt. Als ich dann Tatvan erreiche ist das staunen groß. Der Blick auf den See ist wahrlich wunderschön. Das Gebirge auf der anderen Uferseite taucht förmlich in den See ab und wirkt so Schnee bedeckt wie es ist sehr mächtig.
Da ich oben rum fahren möchte führt die Straße mehr oder weniger direkt am See, dadurch komme ich aus dem staunen nicht mehr raus. Unten rum zu fahren und dann hinter dem See die Grenze zu passieren wäre auch gegangen, aber zu gefährlich laut vielen Aussagen. Und damit meine ich die hier vor Ort und nicht die aus den Nachrichten oder sonstige Leute die hier noch nie waren und einfach keine Ahnung haben! Die Menschen sind hier weder unfreundlich, noch machen sie einen gefährlichen Eindruck, zumindest nicht in dem Gebiet in dem ich brav bleiben werde.
Als ich so am See entlang in den Norden fahre wird mir klar, was für ein riesen Zwischenziel ich erreicht habe. Glücksgefühle durchströmen mich, werden aber auch wieder von dem ein oder anderen Gedanken begleitet. Zum einen würde ich das hier so gerne mit jemandem teilen, also so richtig und zum anderen, ja zum anderen merke ich das mir mein Vater fehlt, so wie er früher war. Ich bin mir sicher auch er wäre stolz bei dem, was ich erreicht habe und wo ich nun gelandet bin. Ihm als Motorradfahrer hätte das hier sicherlich auch gefallen. Der Gedanke wird schnell wieder zu den Akten gelegt, gehört halt dazu und war ja auch geplant, dass die Reise auch eine Aufarbeitung vieler Dinge dienen soll! Dann mache ich erst mal einen kurzen Stopp, genieße den Ausblick und frühstücke erst einmal ein Stückchen Brot.
Dann geht es aber weiter, denn bald muss ich einen Platz für Mein Zelt finden. Aber erst mal nehme ich blind einen Schotterweg auf der rechten Seite, in der Hoffnung er führt nah am Wasser entlang.
Was soll ich sagen, dass tat er auch und ich genieße wieder den Ausblick.
Zurück auf der Straße wird die GoPro mal wieder aktiviert. Das mit dem hoch laden von Videos habe ich inzwischen aufgegeben, aber hier ein Screenshot:
Die Sonne steht noch recht hoch, also versuche ich meinem nächsten Ziel, Dogubayazit, schon mal näher zu kommen. Am oberen Teil des Vansee, kurz hinter Erics fahre ich dann in eine Parkanlage ein. Nach kurzer Zeichensprache mit dem Wachmann drücke ich ihm 5 Lira in die Hand und stell mein Zelt auf. Ein kleiner Hund ist auch mal wieder da und freut sich sehr, als ich mein letztes Stück Brot mit ihm teile. 
Dann wird es auch schon dunkel. Es ist jetzt bereits Eis kalt mit 3°C, die Nacht wird heftig, dass weiß ich jetzt schon.
Zum kochen habe ich keine Lust mehr und wirklich Hunger habe ich eh nicht. Vermutlich liegt das an der Kälte. Im Zelt versuche ich es mir bequem zu machen.
Nach kurzer Zeit habe ich dann zusätzlich zu meinen Thermowäsche und T-Shirt auch noch meine Softshelljacke an. Jetzt geht es erst mal.
Dienstag, 11.11.2014: 2640
Erst mal, weil ich gegen 2 Uhr wach werde, austreten ist angesagt. Ich will so was von nicht raus aus dem Schlafsack, aber in diesem ist mir jetzt eh bereits kalt. Also schnell raus, dabei werfe ich auch einen Blick auf die Temperaturanzeige. -4°C und ich frage mich warum ich friere. Als ich wieder ins Zelt klettere, sehe ich das sich ein Eisschicht zu bilden anfängt, auf dem Außenzelt.
Im Schlafsack stelle ich fest, dass ich so derbe friere, einschlafen keine Chance. Also ziehe ich mir meine Motorradhose wieder an und steige zurück in den Schlafsack.
Jetzt geht es, ich kann einschlafen, besonders fest aber nicht!
Dabei direkt einmal die Anmerkung; Mein Schlafsack soll bis -7°C geeignet sein. Das der jetzt schon bei -4°C und Thermounterwäsche so schwach abschneidet ist nicht so toll.
Da können die Jungs von Terracamp sich aber auf einen Einlauf gefasst machen, denn hätte ich das gewusst, dann hätte ich einen bis -20°C genommen und bei wärmeren Temperaturen lieber geschwitzt!
Egal, auch diese Nacht überstehe ich, lang ist sie ja eh nicht. Als die Sonne aufgeht bin ich Wach und freue mich bereits über die ersten strahlen. Es sind auch nur noch -1.5°C, es geht aufwärts. Mit dem Packen muss ich mir gezwungener Weise Zeit lassen, die Eisschicht auf dem Zelt und auch auf Kati ist schon recht dick geworden und so lasse ich die Sonne erst mal antauen.

 

Es kommt ein Hirte vorbei und guckt mir interessiert beim Zusammenpacken zu. Na toll, selbst in den Trinkwassersäcken ist das Wasser zu 2/3 gefroren. Jetzt wird der Kocher angeschmissen, ich brauche heißes Wasser für einen Tee, der wird helfen. Kalt ist mir immer noch, obwohl es bereits 2°C sind. Das ganz große Problem sind die Schuhe. Die kühlen über Nacht so massiv aus, dass sie am nächsten Morgen kaum durch eigene Körperwärme aufgetaut werden können.

Zum Glück habe ich Fußwärmer dabei, die klebt man einfach von unten gegen die Socke und dann sollen die 40°C abstrahlen. Aber bei den kalten Schuhen dauert es noch zwei Stunden bis meine Zehen nicht mehr kalt sind. Mit den Fußwärmern muss ich auch sparsam sein, habe nicht besonders viele!
Bevor es dann richtig in die Berge hoch geht wird noch mal getankt, meiner Berechnung nach das letzte mal auf türkischem Boden.
Und dann geht es immer höher. Ich habe ja meinen Höhenmesser im InReach Tracker.
Zwischenzeitlich denke ich immer, wow, so hoch warst du noch nie auf der Reise.
Irgendwann gebe ich das auf, denn die Zahl wird immer größer.
Ich muss wirklich über den Gipfel des 2644 Meter hohen Tendürük.
Den Gipfel könnt ihr hier im Hintergrund bestaunen:
Von dieser Strecke aus kann ich quase schon in den Iran gucken, ich fahre unmittelbar an der grenze entlang. Dann geht es endlich wieder Berg ab, wurde auch echt Zeit, denn die Luft hier oben ist kalt.
Während der Abfahrt bekomme ich dann das erste mal einen Ausblick auf den Ararat, welcher mit 5.137 Metern der höchste Berg auf Türkischem Boden ist. Es ist ein ruhender Vulkan!
Nach bald zwei Stunden fahrt erreiche ich dann Dogubayazit, wo ich mir die erste größere Tankstelle für meinen Reifenwechsel suche. Der Vorderreifen hat es hinter sich, die Sägezahnbildung ist eine Katastrophe! Das Ausbauen und umziehen des Reifen geht schnell, aber ich bekomme ums verrecken keine Luft auf den sch**ß Reifen.
Natürlich funktioniert der Luftdruckprüfer der Tankstelle auch nur Begrenzt, da habe ich mir genau die richtige Tankstelle ausgesucht…
Peinlich, auf die Idee mal einen Spanngurt um den Reifen zu legen, um die Flanken in ihren Sitz zu pressen komme ich erst jetzt gerade beim schreiben. Peinlich Felix, was hast du noch mal gelernt? Ich kann wohl nur noch mit Zahlen seit dem Betriebswirt J

 

Dann geht es weiter in die Stadt selber, Mist schon so spät. 13 Uhr und ich muss noch zur Bank. Den Grenzübergang schlage ich mir für Heute doch aus dem Kopf, ich bin einfach zu erschöpft um mir jetzt noch Stunden lang irgendwelche Fragen beim Grenzübergang stellen zu lassen. Ich entschließe mich dazu mir ein Hotel zu suchen und oh Wunder, direkt um die Ecke ist ein sehr billiges Hotel, was für eine Nacht im warmen aber absolut ausreicht! Erst mal aufs Zimmer, Kati ordentlich gesichert und dann, Pause!

Die Pause hält aber nicht lang an, so habe ich in den letzten 24 Stunden nur ein halbes Brot gegessen. Und wir reden hier nicht von dem guten Vollkornbrot oder so aus Deutschland, sondern eher von der Pappe aus den Niederlanden.
Also raus, die Beine vertreten und was zu Essen suchen. Dann komme ich bei einem Barber vorbei und lasse mir von diesem erst mal den Bart stutzen. Weg soll er nicht, denn das wäre wieder Pflegebedürftiger. Das kraut und Rüben in der Gegend gewachsene Gesichtshaar (geil ausgedrückt, wa?) wird auf ein akzeptables Niveau zurück geschnitten. So werde ich Morgen an der Grenze auch nicht ganz so doof angeschaut werden, wenn man meinen Pass mit mir abgleicht!
Auf meinem Weg habe ich durch ein Gasse dann noch einen schönen Ausblick auf den Ararat, die untergehende Sonne taucht die Spitze so gerade eben noch in Licht.

 

Dann finde ich eine kleines Restaurant, was wirklich alles in der Auslage liegen hat. Einer der Mitarbeiter kann englisch, dem mache ich klar, dass ich nur noch 15 Lira habe und das reichen muss. Dann werden schon die Schalen gefüllt, ich nehme das Essen mit ins Hotel. Diese drei Schalen und ein ganzes Brot haben mich nun 13 Lira gekostet, dass sind knapp 5€. Versucht das mal in Deutschland. 

Und es ist so lecker, dass alles verschwindet, bis auf das Brot. Das bleibt unangetastet als Reserve für die nächsten Tage zurück.
Jetzt sitze ich in meinem Hotelzimmer, tanke die Nacht noch mal richtig Wärme und dann geht es Morgen Vormittag frisch über die Grenze und direkt weiter bis nach Täbris…

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